AstraZeneca für alle? 3 deutsche Bundesländer geben Vakzin frei

AstraZeneca für alle? 3 deutsche Bundesländer geben Vakzin frei
In Deutschland haben die Bundesländer Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen den Impfstoff von AstraZeneca mit dem Namen Vaxzevria für alle, die damit geimpft werden wollen, freigegeben. Es gibt keine sogenannte Priorisierung mehr.
Eigentlich sollten vor allem Menschen, die über 60 Jahre alt sind, mit dem Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers gegen Covid-19 immunisiert werden. Doch auch bei Älteren gibt es Vorbehalte wegen der möglichen Nebenwirkungen, die aber vor allem bei Geimpften unter 50 Jahren aufgetreten sind.
Laut Expert:innen ist der Nutzen, sich impfen zu lassen umso größer, je näher eine Person an dem Alter von 60 Jahren ist.


Es geht allerdings auch darum, keinen Impfstoff zu verschwenden. "Die Freigabe ist ein Angebot, dass diejenigen, die keine oder wenige Vorbehalte gegen den Impfstoff haben, die Möglichkeit nutzen können, sich gegen das Coronavirus auch impfen zu lassen", erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsminister Harry Glawe.

Wer unter 60 Jahre alt ist, bekommt eine besondere ärztliche Beratung.

Offenbar gibt es aber auch in den drei Bundesländern keine enormen Mengen an AstraZeneca, die ungenutzt sind. Lokale Medien aus Sachsen berichten, dass es schwer sei, einen Impftermin mit AstraZeneca zu bekommen.

59 Fälle von Hirnvenenthrombosen in Deutschland

Laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gab es in Deutschland bis zum 15. April 2021 insgesamt 59 Fälle von Hrinvenenthrombosen darunter 45 Frauen und 14 Män­ner - davon 45 Frauen und 14 Män­ner - bei mehr als 4 Millionen Geimpften.

Auf Deutsch werden die seltenen Komplikationen auch Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie oder VITT, die nach Impfungen mit Astrazeneca oder Johnson & Johnson auftreten können. Dabei kommt es in den Sinus genannten Hirnvenen sowie in den Bauchvenen zu Blutgerinnseln.

Staatsepidemiologe Tegnell mit AstraZeneca geimpft

In Schweden ist der Staatsepidemiologe Anders Tegnell mit AstraZeneca geimpft worden. Der 65-Jährige wollte damit ein Zeichen setzen, wie THE LOCAL SWEDEN berichtet. Auch in Schweden gibt es Vorbehalte gegen das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers. Nach den seltenen Blutgerinnseln vor allem bei jüngeren Frauen wird AstraZeneca in Schweden nur an über 65-Jährige verimpft.
Insgesamt hatten 1.667.542 Menschen bis zum 16. April in Schweden ihre erste Dosis eines Covid-19-Impfstoffs erhalten, 649.361 hatten zwei Dosen erhalten. Das entspricht 20,4 bzw. 7,9 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Die 7-Tage-Inzidenz in Schweden pro 100.000 ist seit Wochen über 400.

Norwegen bleibt bei vorläufigem Stopp von AstraZeneca

Nach Dänemark hat auch Norwegen AstraZeneca-Impfungen weiterhin gestoppt.Die Regierung verschob die Entscheidung auf den Monat Mai. Das norwegische Institut für öffentliche Gesundheit hat am 15. April 2021 empfohlen, die weitere Verwendung des Impfstoffs von AstraZeneca (Vaxzevria) im Rahmen des Coronavirus-Impfprogramms im Land einzustellen.
"Wir wissen jetzt wesentlich mehr über den Zusammenhang zwischen dem AstraZeneca-Impfstoff und den seltenen, aber schweren Vorfällen mit niedrigen Thrombozytenzahlen, Blutgerinnseln und Blutungen, als zu dem Zeitpunkt, als Norwegen im März beschloss, die Verwendung des AstraZeneca-Impfstoffs zu pausieren", sagt Geir Bukholm, Direktor der Abteilung für Infektionskontrolle und Umweltgesundheit am Norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit.
"Da es in Norwegen nur wenige Menschen gibt, die an COVID-19 sterben, wäre das Risiko, nach der Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff zu sterben, höher als das Risiko, an der Krankheit zu sterben, insbesondere für jüngere Menschen", sagt Bukholm.
In der Erklärung der Behörden heißt es auch: "Außerdem gibt es Grund zu der Annahme, dass es in Norwegen Skepsis gegenüber dem Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs gibt, und es ist ungewiss, wie viele Menschen ein Angebot dieses Impfstoffs jetzt angenommen hätten."
An diesem Dienstag stehen die Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson gegen Covid-19 im Fokus der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Die Behörde gibt dann eine neue Einschätzung bekannt, hat bisher aber stets betont, dass beim Vakzin von AstraZeneca die Nutzen die Risiken weit übertreffen.

Probleme mit den Vektor-Impfstoffen

Unter Experten gibt es die Vermutung, dass die sehr seltenen Blutgerinnsel, die nach Impfungen mit AstraZeneca in Europa und in den USA mit Johnson & Johnson aufgetreten sind, durch die Vektoren verursacht wurden. Die Vakzine von AstraZeneca und Johnson & Johnson sind - wie Sputnik V - Vektoren-Impfstoffe. Dabei werden die DNA-Informationen zur Produktion der Antikörper gegen das Coronavirus über sogenannte Vektorviren (meist Erkältungsviren) in den Körper eingeschleust.
Genau diese Vektoren könnten - wenn sie beeinträchtigt sind - die Probleme in Form von Blutgerinnseln verursachen. Bisher waren vor allem jüngere Frauen von den Thrombosen nach Impfungen betroffen.
Bis Anfang April wurden der EMA 169 Fälle von Sinusvenenthrombosen und 53 Fälle von Gerinnseln in Venen der großen Bauchorgane gemeldet - bei mehreren Millionen Impfungen mit AstraZeneca in Europa.
Die Uniklinik Greifswald, die an der Aufarbeitung des Falles der Krankenschwester aus Zwettl in Österreich mitgearbeitet hatte, die nach der Impfung mit AstraZeneva verstorben war, meldete schon am 19. März 2021 auf ihrer Internetseite: "Therapie für seltene Hirnvenenthrombosen gefunden." Danach hat das Forscherteam um Professor Andreas Greinacher die Erkenntnisse im "New England Journal of Medecine" veröffentlicht. Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass Antikörper an Blutplättchen andocken und sie so aktivieren. Die Blutplättchen können dann verklumpen und die Zahl der Plättchen insgesamt reduzieren.
Vergleichbare Probleme gibt es als Nebenwirkung von Heparin. Dieses Medikament verhindert die Blutgerinnung und soll eigentlich vor Blutgerinnseln schützen.

Ähnliche Erkenntnisse zuvor in Oslo

Mitte März hatte in Norwegen Professor Pål André Holme von der Uniklinik Oslo eine ähnliche Theorie wie die Kollegen von der Uniklinik Greifswald aufgestellt. Er hatte drei Beschäftigte des Gesundheitswesens, die nach der Impfung an Blutgerinnseln litten, behandelt. Holme sagte, dass die Blutgerinnsel durch eine starke Immunantwort produzierte Antikörper, die an die Blutplättchen andocken, ausgelöst werden könnten. Doch laut norwegischen Medien - wie VG - unterstrich Holme, dass dies bisher nur eine Hypothese sei. "Unsere Theorie ist, dass es sich hierbei um eine heftige Immunreaktion handelt, die sehr wahrscheinlich auf die Impfung folgt. Zusammen mit der Sektion für fortgeschrittene Thrombozytenimmunologie am Universitätskrankenhaus von Nordnorwegen (UNN) haben wir spezifische Antikörper gegen Thrombozyten nachgewiesen, die ein Bild ergeben können, das wir auch aus anderen Bereichen der Medizin kennen, dort aber von Medikamenten ausgelöst", erklärte der Chefarzt in Oslo.

Der Tod der Krankenschwester in Zwettl wurde inzwischen genau untersucht

Zehn Tage nach einer Impfung mit dem Vakzin gegen das Coronavirus von AstraZeneca war eine Krankenschwester aus Zwettl in Niederösterreich am 28. Februar 2021 an einem Blutgerinnsel verstorben. Zudem hatte eine 35-Jährige nach ihrer Impfung eine Lungenembolie bekommen. Ihr ging es laut Informationen aus dem Krankenhaus Zwettl nach einigen Tagen wieder besser.
Zunächst gingen die österreichischen Gesundheitsbehörden und die europäische Arzneimittelagentur EMA davon aus, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und dem Impfstoff gebe. Doch inzwischen arbeiten Forscher:innen aus verschiedenen Ländern zusammen, um herauszufinden, was genau hinter den Komplikationen steckt.

Diese Symptome sind Warnsignale

Im ORF sagte Sabine Eichinger von der MedUni Wien am 19. März, dass sie AstraZeneca weiterhin für sicher hält. Doch Eichinger meint, dass starke Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schmerzen in den Beinen nach einer Impfung mit AstraZeneca als Alarmsignale gelten. "Wenn die typischen Beschwerden nach der Impfung wie Kopfschmerzen, Gliederschmerzen oder vielleicht auch Fieber nicht weggehen, wenn sich diese Beschwerden ändern oder wenn die Beschwerden weggehen und andere dann wieder kommen nach einem Zeitraum von vier bis fünf Tagen, dann müsste man hellhörig werden und gegebenenfalls ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen."
Sabine Eichinger, Expertin für Blutgerinnsel an der MedUni Wien, erklärt auch das Paradox, dass Thrombozyten, auch bekannt als Blutplättchen, Blutgerinnseln auslösen können. Niedrige Werte von Thrombozyten führen normalerweise zu Blutungen, nicht zu Gerinnung. "Man würde denken, dass niedrige Thrombozyten und Thrombosen eigentlich Gegensätze sind."

Zweitimpfung mit BioNTech oder Moderna

In Deutschland haben sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern darauf geeinigt, dass mit einer ersten AstraZeneca-Dosis geimpfte Menschen unter 60 Jahren als Zweitimpfung einen mRNA-Imfpstoff bekommen sollen. Das Umsteigen auf die Vakzine von BioNTech/Pfizer oder Moderna für das sogenannten Boosten hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) Anfang April nach der Diskussion zu Fällen von Hirnvenenthrombosen (siehe weiter unten) empfohlen.
Laut dem deutschen Gesundheitsministerium sind rund 2,2 Millionen Menschen bereits einmal mit AstraZeneca geimpft worden.
Nach Berichten von sechs Fällen von Blutgerinnseln in den USA in Verbindung mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson verschieben sich die Lieferungen dieses Vakzins in Europa.

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