Die letzte Chance

Die letzte Chance
Ankündigungen gab es einige in der Corona-Pandemie, zu viele wurden nicht erfüllt. Die Bund-Länder-Runde an diesem Mittwoch könnte die letzte Chance für Merkel und die Ministerpräsidenten sein, zu zeigen, dass sie die Pandemie managen können.
Angela Merkel hat neulich Erich Kästner zitiert. "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es", sagte sie bei der digitalen Sicherheitskonferenz vor anderthalb Wochen, was für die Übersetzerin eine Herausforderung war, aber darum geht es hier nicht. Der simple Spruch beschreibt ganz gut die Anforderungen an den morgigen Corona-Gipfel der Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten.
Nach einem heute bekanntgewordenen Entwurf, der den gemeinsamen Beschluss vorbereiten soll, soll der Lockdown verlängert und zugleich eine Art Stufenplan für Lockerungen vereinbart werden. Wer auf ein baldiges Ende der Corona-Maßnahmen spekuliert hatte, auf geöffnete Geschäfte, Restaurants und Osterurlaub an der Ostsee, der wird daher voraussichtlich enttäuscht. Das Gleiche gilt für alle, die schon nach den Öffnungen der letzten Wochen ein Anrollen der Mutanten-Welle fürchteten - auch sie dürften den Mittelweg unbefriedigend finden.
Dennoch gibt es Gründe, den Entwurf - zurückhaltend - zu loben. Erstmals gibt es so etwas wie eine Strategie, um vor dem Ende der Impfkampagne aus dem Lockdown auszusteigen. Dass dies nicht gleich geschieht, wie von vielen erhofft, liegt einfach daran, dass noch nicht genügend Schnell- und Selbsttests verfügbar sind. Das Versäumnis - andere Länder haben die Tests verfügbar - ist mehr als ärgerlich. Aber immerhin: In Kürze soll es so weit sein.
Noch mehr Gründe gibt es allerdings, das Lob einzuschränken. Im vergangenen Jahr gab es viele Ankündigungen und Prognosen, die sich als leere Versprechungen herausstellten. Es gab den November-Lockdown, der nur ein Wellenbrecher sein sollte und in verschärfter Form bis heute andauert. Es gab die Hoffnung auf den baldigen Impferfolg, zuletzt die Aussicht auf kostenlose Schnelltests ab dem 1. März, die nicht kamen. Nun wollen Bund und Länder dem Entwurf zufolge bis Anfang April dafür sorgen, dass Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie die Beschäftigten in den Unternehmen und alle, die dies wollen, ein oder zwei Schnelltests pro Woche machen lassen können.
Das ist die "Perspektive", über die seit Monaten geredet wird, die aber noch immer nicht umgesetzt ist. Wenn dies nun endlich so kommt, dann ist es zwar unglaublich spät. Aber es ist endlich mehr als nur eine weitere Verlängerung des Lockdowns ohne Aussicht auf ein absehbares Ende. Umfragen zeigen, dass die Zustimmung zur Corona-Politik von Bund und Ländern langsam kippt. Die Erfahrung lehrt, dass es der Mangel an Perspektive ist, der die Menschen mürbe macht. Wenn die Ankündigung der nächsten Öffnungsschritte morgen so oder so ähnlich kommt, wie die Vierergruppe sich das vorstellt, muss das Versprechen dieses Mal gehalten werden. Prognosen sind schwierig, nicht nur beim Verlauf der Pandemie, auch über Stimmungen. Aber im Moment sieht es stark danach aus, als sei der Beschluss, den Merkel und die Länderchefinnen und -chefs morgen fassen werden, die letzte Chance, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sie mit dem Management der Corona-Krise nicht völlig überfordert sind.

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