Virologe Streeck: „Ich halte den Shutdown für zu früh“

Virologe Streeck: „Ich halte den Shutdown für zu früh“
Der Virologe Hendrik Streeck ist vom rasanten Anstieg der Corona-Infektionszahlen überrascht. Er glaube aber nicht, dass das nachlässige Verhalten der Bevölkerung dafür verantwortlich ist, sagte der Wissenschaftler von der Universität Bonn der „Süddeutschen Zeitung“.„Nach meiner Wahrnehmung verhält sich der Großteil der Menschen vorbildlich“, sagte Streeck gegenüber dem Blatt. Der Bonner Star-Virologe vermutet vielmehr, dass – wie bei anderen Coronaviren – auch bei Sars-CoV-2 die Saisonalität eine große Rolle spiele, also, dass sich das Infektionsgeschehen mit den Jahreszeiten verändert. Dies würde den jetzigen sprunghaften Anstieg erklären.
Zudem habe man vermutlich die Bedeutung von privaten Treffen unterschätzt, meint der Virologe.

„In vier Wochen geht es von vorn los“

Streeck bekräftigte seine schon im Vorfeld geäußerte Kritik am jüngst beschlossenen Teil-Lockdown.
„Ich halte den Shutdown für zu früh. Er bringt sicherlich die Infektionszahlen runter. Aber nach den vier Wochen werden sie wieder steigen, dann geht es von vorne los.“
Man gebe den Menschen damit keine Perspektive. „Das Virus geht ja nicht weg.“

Schutz der Risikogruppen

Statt eines solchen „Stotterbremsens“ müsse man eine Langzeitstrategie entwickeln und sich vor allem auf den Schutz der Risikogruppen konzentrieren. Er nannte Schnelltests und FFP2-Masken für Altersheime und für Senioren daheim sowie die Organisation von Nachbarschaftshilfen etwa für den Einkauf als mögliche Maßnahmen.

„Da habe ich mich klar getäuscht“

Streeck gestand ein, in den zurückliegenden Monaten auch Fehleinschätzungen abgegeben zu haben. So sei er zu Beginn der Pandemie nicht vom Nutzen der Masken überzeugt gewesen. Zudem habe er anfangs das Virus für weniger gefährlich gehalten als das Grippevirus. „Da habe ich mich klar getäuscht.“Grundsätzlich wünsche er sich, dass etwas Ruhe in die Diskussion komme und das Thema nicht mehr so im Vordergrund stehe. „Das, glaube ich, würde allen guttun.“

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