Lockdown in Gütersloh
Nach dem Ausbruch des Coronavirus in einem Schlachthof der Firma Tönnies hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet einen Lockdown über den gesamten Kreis Gütersloh verhängt. Dieser gilt zunächst bis zum 30. Juni.
Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies schränken die Behörden das öffentliche Leben im gesamten Kreis Gütersloh nun doch massiv ein. Erstmals in Deutschland werde ein Kreis wegen des Corona-Infektionsgeschehens wieder auf die Schutzmaßnahmen zurückgeführt, wie sie im März gegolten hätten, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.
Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 30. Juni - auch für den benachbarten Kreis Warendorf, dort aber nicht flächendeckend. Es handele sich um Vorsichtsmaßnahmen, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, so Laschet weiter.
Der Lockdown bedeutet, dass nun wieder Kontaktbeschränkungen eingeführt werden. Menschen aus einer Familie oder einem Hausstand bzw. zwei Personen dürfen sich in der Öffentlichkeit zusammen aufhalten. Außerdem sind Freizeitaktivitäten in geschlossenen Räumen vorübergehend nicht gestattet, Ausstellungen und Museen müssen wieder schließen. Restaurants und Speisegaststätten können geöffnet bleiben, aber nur noch für Menschen aus einem Hausstand. Das Grillen in Parks ist verboten. Ein "Ausreiseverbot" für Bürger des Kreises gebe es aber nicht. Verließen Bürger den Kreis, hätten die Beschränkungen rein rechtlich keine Wirkung mehr für sie.
Im Kreis Gütersloh handele es sich um das bisher "größte Infektionsgeschehen" in Deutschland. Von 7000 Mitarbeiter der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wurden 1553 positiv getestet, die meisten in der Abteilung Fleischzerteilung. Hinzu kämen laut Laschet einige Fälle aus dem familiären Umfeld der Betroffenen, deren Zahl aber noch nicht bekannt sei. Bei Nicht-Mitarbeitern von Tönnies im Kreis Gütersloh habe man nur 24 Infizierte, so Laschet.
Der Ministerpräsident warf dem Branchenriesen mangelnde Kooperationsbereitschaft vor. Daher hätten die Behörden die Herausgabe von Daten der Werkarbeiter von Tönnies durchgesetzt. "Da wurde nicht mehr kooperiert, da wurde verfügt", so Laschet. Dass das Unternehmen den Datenschutz angeführt habe, sei kein Argument. Aus Infektionsschutzgründen wäre Tönnies gesetzlich verpflichtet gewesen, die Daten der Beschäftigten zu übermitteln. Fragen des Schadenersatzes gegen die Firma Tönnies könnten nach der Krise geprüft werden.
Tests ausweiten - Quarantäne kontrollieren
Die Behörden werden die Tests in der Bevölkerung massiv ausweiten, betonte der Regierungschef. Die Polizei werde die mobilen Testteams begleiten. Zur Not müssten die Behörden auch mit Zwang die Anordnungen durchsetzen. Es werde auch zusätzliche humanitäre Maßnahmen zur Unterstützung der Betroffenen geben. Eine Mahlzeit am Tag zu reichen, sei nicht genug, so Laschet. Die Menschen in Quarantäne müssten intensiv betreut werden.
Allerdings gestaltet sich die Einhaltung der Quarantäne bislang schwierig, in der sich nunmehr die rund 7000 Tönnies-Mitarbeiter und ihre Familien befinden. Die nordrhein-westfälische Landesregierung habe drei Einsatzhundertschaften der Polizei in den Kreis Gütersloh geschickt, sagte Laschet. Die Polizisten sollten die Quarantäne der Mitarbeiter von Tönnies kontrollieren.
Schulen und Kitas im Landkreis Gütersloh mit rund 370.000 Einwohnern waren bereits zuvor geschlossen worden. Für die größte deutsche Fleischfabrik war zudem ein vorübergehender Produktionsstopp verhängt worden.
Leute "nicht stigmatisieren"
Laschet warnte davor, Menschen aus dem Kreis Gütersloh unter "Pauschalverdacht" zu stellen. Man dürfe die Bewohner des Kreises "nicht stigmatisieren". Er bezog sich auf Berichte, wonach Menschen aus dem Kreis an Urlaubsorten zur Abreise aufgefordert worden seien. Auf der Insel Usedom war ein Ehepaar aus Gütersloh dazu aufgefordert worden, vorzeitig abzureisen.
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