Mit einer Kranzniederlegung und einer Namensverleihung hat sich ein Traditionsverband von DDR-Soldaten an dem Gedenken aus Anlass des „Tags des Sieges“ am 9. Mai beteiligt. Dabei haben die ehemaligen Militärs nicht nur der gefallenen sowjetischen Soldaten gedacht. Sie kritisierten zugleich die bundesdeutsche Politik gegenüber Russland.
Den Ehrennamen „Marschall der Sowjetunion Wassili I. Tschuikow“ erhielt die Regionalgruppe Berlin des „Verbandes zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee (NVA) und der Grenztruppen der DDR“ am 9. Mai am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow. Das Zeremoniell gehörte zur traditionellen Kranzniederlegung der ehemaligen DDR-Militärs, mit der sie jährlich den Tag der Befreiung und des Sieges am 8. bzw. 9. Mai begehen und der Opfer gedenken.
Horst Nörenberg war Oberst der Landstreitkräfte der NVA und ist heute Mitglied des Vorstandes des
NVA-Traditionsverbandes. „Aus unserer Tradition sind wir immer Waffenbrüder mit der Sowjetunion gewesen und haben zu jeder Zeit den Frieden gemeinsam verteidigt“, erklärte er gegenüber Sputniknews. Jedes Jahr am 8. und 9. Mai sei der Verband an den verschiedenen Denk- und Ehrenmälern in Ostdeutschland vertreten. Dort werde der gefallenen Sowjetsoldaten gedacht.
„Es sind ja nicht nur die 27 Millionen Toten zu beklagen, sondern die ungeheuren Dimensionen der materiellen Schäden, die Deutschland der Sowjetunion angetan hat.“ Der Ex-Oberst fügte hinzu, dass Deutschland deshalb „nicht nur eine besondere Verantwortung gegenüber Israel, sondern vielmehr gegenüber Russland. Was wir diesem Volk angetan haben, das kann man gar nicht in Worte fassen.“
Laut Nörenberg haben alle Regionalgruppen des etwa 400 Mitglieder starken NVA-Traditionsverbandes der im Krieg gefallen sowjetischen Soldaten und des Sieges über den Faschismus vor 75 Jahren gedacht. Der ehemalige Offizier verwies bei der Frage nach der Zukunft des Gedenkens auf die vielen jungen Menschen, die am 9. Mai wieder zum Ehrenmal nach Berlin-Treptow kamen.
Befreier Berlins als Namensgeber
Es gehe weiter um ein vernünftiges Verhältnis der Bundesrepublik zur Russländischen Föderation. Nörenberg erinnerte an die Erkenntnis Otto von Bismarcks, dass das deutsch-russische Verhältnis für die Zukunft Europas entscheidend sei.
Bei der Namensverleihung an die Berliner Regionalgruppe erinnerte der frühere NVA-Oberst daran, dass Tschuikow Ehrenbürger Berlins war und ihm diese Ehre 1992 wieder
aberkannt wurde. Der 1955 zum Marschall ernannte sowjetische Offizier war an der Schlacht um Stalingrad und als Oberbefehlshaber der 4. Gardearmee der sowjetischen Armee maßgeblich an dem Sieg über die Faschisten in deren Hauptstadt Anfang Mai 1945 beteiligt. Später war er unter anderem Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und Oberkommandierender der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. Nach Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 war er Vorsitzender der Sowjetischen Kontrollkommission (SKK).„Wie jedes Jahr ehren wir die 7.000 Soldaten der Roten Armee, die in den Kämpfen um Berlin ihre Leben verloren haben und hier ihre letzte Ruhestätte fanden“, sagte Fregattenkapitän a.D. Hans Fischer aus dem Anlass in Berlin-Treptow. Der ehemalige Offizier der DDR-Volksmarine erinnerte an den Lebensweg Tschuikows. Dessen Namen zu tragen sei für die Berliner
Regionalgruppe des NVA-Traditionsverbandes Verpflichtung, erklärte ihr Vorsitzender Klaus Eichner, Oberstleutnant a.D.
Eichner zeigte sich erfreut, dass am Samstag, dem traditionellen Tag des Sieges, trotz der Corona-Krise viele Menschen zum Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow kamen. Er sei dagegen von der Bundesregierung enttäuscht, „von denen keiner, weder Außenminister noch Kanzlerin noch Bundespräsident, es für notwendig erachtet haben, an einem Ehrenmal für die Sowjetsoldaten ihr Knie zu beugen und ihre Ehrenbezeigung darzubringen“.
Besondere deutsche Verantwortung
Die bundesdeutschen Politiker, so Kanzlerin Angela Merkel bei der Kranzniederlegung in der Neuen Wache in Berlin, hätten in ihren Aussagen zu dem Anlass die Wörter Sowjetarmee und Sowjetunion ausgelassen. Das sei „außerordentlich beschämend“, sagte Eichner dazu. Er wies ebenfalls auf die besondere deutsche Verantwortung nicht nur gegenüber den Juden und Israel, sondern ebenso gegenüber den Völkern Russlands und der einstigen Sowjetunion hin.
„Angesichts von 27 Millionen Toten in der Sowjetunion besteht auch eine außerordentliche Verpflichtung des deutschen Volkes gegenüber den ehemaligen Völkern der Sowjetunion und gegenüber dem Volk Russlands.“
Nach der Namensverleihung reihten sich die ehemaligen DDR-Militärs in den Fluss derjenigen ein, die an dem Tag Blumen und Kränze am Fuße des Ehrenmals in Berlin-Treptow Blumen und Kränze niederlegten. Das hatten zuvor bereits die Mitglieder des „Traditionsverbandes Nationale Volksarmee (Soldaten für den Frieden)“ getan, einer zweiten
Organisation ehemaliger DDR-Soldaten. Unter den Tausenden war auch in diesem Jahr wieder eine Abordnung des russischen Motorradclubs „Nachtwölfe“ und ihre Freunde und Unterstützer auch aus Deutschland. Auch sie ehrten die gefallen sowjetischen Soldaten und erinnerten an sie mit einem unüberhörbaren „Uuurrrrraaa“.
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