Zwar hat sich für die Union der Aufschwung in den Umfragen der vergangenen Wochen nicht fortgesetzt, trotzdem liegen CDU/CSU weiterhin bei starken 37,5 Prozent. Das zeigt der aktuelle „INSA-Meinungstrend“ im Auftrag der „Bild“-Zeitung.
Noch Anfang März verzeichneten die beiden Parteien ihre schlechtesten Umfrageergebnisse seit langem. Dabei stürzten sie auf bis zu 24 Prozent ab. Nur wenige Prozentpunkte trennten die beiden konservativen Schwesterparteien von den Grünen. Experten sahen dabei die internen Flügelkämpfe sowie den Richtungsstreit in der CDU als Ursache für die schlechten Ergebnisse. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hatte die Union in den vergangenen Wochen in Umfragen verschiedener Institute kräftig zugelegt.
„Die Macherinnen“: Warum Union von der Krise profitiert und SPD nicht – Politologe Patzelt
Die Union knüpft in den Umfragen an alte Erfolge an und liegt im aktuellen „INSA-Meinungstrend“ bei satten 37,5 Prozent. Und das trotz starker Einschränkungen des öffentlichen Lebens, der Grundrechte und -freiheiten im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Corona-Pandemie? Den Politologen Werner Patzelt wundert das nicht.
Den Politikwissenschaftler Prof. Dr. Werner Patzelt überrascht das nicht:
„Das, was die Leute im Land gerne hätten, ist eine Regierung, die plausible Politik betreibt, die in einer plausiblen Politik eine ruhige Hand nicht fehlen lässt und die tatsächlich Erfolge ihrer Politik sich auf ihr Konto schreiben kann.“ Und das mache gegenwärtig die Bundesregierung und Union, sagt Patzelt im Sputnik-Interview.
Seiner Ansicht nach unterscheide das die derzeitige Krise von der Migrationskrise aus dem Jahr 2015: „Damals hatte die Bevölkerung nicht den Eindruck, dass die Regierung eine plausible Politik macht. Sie hatte nicht den Eindruck, dass die Regierung die Dinge in die Hand nimmt.“ Deswegen sei die CDU damals so dramatisch abgesackt, glaubt der Parteienforscher.
Akzeptanz in der Bevölkerung?
Seit Wochen sind wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens stillgelegt. Grundfreiheiten und -rechte der Bevölkerung werden durch strenge Maßnahmen der Bundesregierung, die mit dem Kampf gegen die Lungenkrankheit Covid-19 begründet werden, heftig eingeschränkt. Demonstrationen und jegliche Ansammlungen von Menschen werden unter Einsatz der Staatsgewalt aufgelöst. Und dennoch profitiert die Union von dem umstrittenen Aktionismus?
Es leuchte den Menschen in Deutschland ein, dass man die Ausbreitung des Virus am besten durch soziale Distanzierung unterbreche, erklärt der Politologe.
„Wenn dies notwendig ist, dann wird es akzeptiert. Freilich nur so lange, wie das Ganze die erwünschten Folgen hat und wie man nicht den Eindruck gewinnt, das Ganze sei selbstzweckartig.“ So lange die Menschen überzeugt seien, es diene einem guten Zweck, werde es akzeptiert, so der Wissenschaftler.
Warum die SPD von der Krise nicht profitiert
Die Grünen verlieren weiter, in der Umfrage kommen sie auf 16 Prozent - damit liegen sie gleichauf mit der SPD, die im Vergleich zur Vorwoche unverändert bleibt. Somit schaffen es die Sozialdemokraten kaum, von der Arbeit der Bundesregierung zu profitieren. Doch warum? Immer wieder zeigten sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas (beide SPD) in Aktion, wenn es um Wirtschafts- und Auslandshilfen ging. Auch mit Sozial- und Arbeitsminister Hubertus Heil besetzt die SPD in der Krise ein weiteres Schlüsselressort. Hilfspakete werden geschnürt, Rettungsschirme aufgespannt. Doch das alles scheint zu wenig für die Wähler.
Patzelt sieht hier ein „Grundproblem der Sozialdemokratie“, das seit langem existiere. Das, was die Partei an plausibler Politik vertrete, werde von der CDU-Kanzlerin mindestens genauso vertreten – „wenn nicht gar überzeugender“. Zum anderen sei das, was an SPD-Positionen vernünftiger ist, in der eigenen Partei höchst umstritten, glaubt der Wissenschaftler.
„Das heißt, die SPD leidet an sich selbst. Und sie wird dort, wo es um Fortschritt geht, von den Grünen überholt. Dort, wo es um sozialstrukturellen Konservatismus geht, wird sie von der Linkspartei übertroffen. Und sie kann sich in dieser Krise naturgemäß nicht als Macherin bewähren, wie das die CDU der Kanzlerin oder die CDU des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet vermag – vom bayrischen CSU-Vorsitzenden Markus Söder ganz zu schweigen.“
„Es geht um Leben und Tod“
Die Verlierer der Corona-Krise sind unumstritten die Grünen, die noch am 25. März laut der „Allensbach“-Umfrage auf 23 Prozent kamen und innerhalb der letzten Wochen sechs Prozentpunkte verloren haben. „Es war schon immer abzusehen, dass die Spekulationen vom Kanzler Robert Habeck und den Grünen als die gemeinsame mit der Union prägende Kraft der Republik verfrüht waren.“ Patzelt sieht in dem „Höhenflug der Grünen“ zwei Ursachen: So hätte die Partei starke Unterstützung in den Medien. „Über die Hälfte der Journalisten scheint nach empirischen Umfragen den Grünen zuzuneigen.“ Mit der vermehrten Berichterstattung über die Corona-Epidemie seien nun positive Meldungen zu den Grünen zurückgegangen. Zudem seien diese nicht in der Bundesregierung. Folglich könne man der Partei keine „stabilisierende Wirkungen“ zuschreiben, bemerkt der Forscher.
Zum anderen seien die Grünen gut bei den Themen, wo man es mit „Haltungzeigen“ belassen könne, bemängelt der Politikwissenschaftler. „Ob es Migration, ob es der Klimawandel ist. Da kann man als Grüner Haltung zeigen, wird aber nicht in Haftung genommen für die konkreten Folgen der Politik. Bei Corona geht es aus der Warte von vielen wirklich um gesund oder krank, um Leben und Tod.“
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