Amazonas-Waldbrand verursacht unumkehrbare Schäden

Amazonas-Waldbrand verursacht unumkehrbare Schäden
"Wir wissen nicht, wie viele Brandherde vom Ackerland auf die Waldflächen überspringen werden", sagt Paulo Brando, Experte des unabhängigen brasilianischen Umweltforschungsinstituts für die Amazonas-Region, IPAM. "Momentan stellen die Satelliten nur die Existenz von Bränden fest."
Der in Flammen stehende brasilianische Regenwald im Amazonas sorgt seit Wochen für internationale Aufmerksamkeit. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Anzahl der Brandherde von Januar bis August 2019 um 82 Prozent zu. Allein im August wurden fast 26.000 Feuer registriert.
"Tag des Feuers"
Die meisten Waldbrände werden aus dem brasilianischen Bundesstaat Pará gemeldet. Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen mutmaßliche Brandstifter. Landwirte stehen unter Verdacht, im Rahmen des sogenannten "Tages des Feuers" am 10. August groß angelegte Brandrodungen durchgeführt haben - eine Aktion angeblich zur Unterstützung von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Unmittelbar nach dem "Tag des Feuers" zeigten Satellitenbildern eine Zunahme der Brandherde.
Über mögliche Brandrodungen berichtete zuerst die Zeitung "Folha do Progresso" aus der Gemeinde Novo Progresso im Süden des Bundesstaats Pará. "Wir müssen dem Präsidenten zeigen, dass wir arbeiten wollen, und das geht nur mit Rodungen. Und um gerodete Flächen zu säubern, brauchen wir Feuer", zitiert die Zeitung einen der Organisatoren.
NASA-Satellitenbild von den Waldbränden in Südamerika (NASA)Satellitenbild von Waldbränden in Südamerika (Mitte August): Zunahme nach dem "Tag des Feuers"
Nach Informationen des ermittelnden Staatsanwaltes Paulo de Tarso wurde ein Großteil der Brände ausgerechnet auf bundeseigenen Naturschutzgebieten gelegt. Diese Gebiete seien ständig Übergriffen von Großgrundbesitzern, Spekulanten oder Minenbetreibern ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft untersucht auch die verringerten staatlichen Kontrollen und die mangelnde Ausstattung und Unterstützung der brasilianischen Umweltschutzbehörde IBAMA.
"Es wurde außerdem auf große Summen verzichtet, die Brasilien über den Amazonas-Fonds bezieht, um die Entwaldung zu bekämpfen", so der Staatsanwalt. Gemeint sind zum einen die Finanzhilfen von Norwegen und Deutschland für den Fonds zum Schutz des Regenwalds, die aufgrund der Bolsonaro-Politik eingestellt wurden; zum anderen geht es um die Millionenhilfe der G7-Staaten zur Brandbekämpfung, die Brasiliens Präsident kurzerhand ablehnte.
Besonders anfällig für Waldbrände sind bereits durch Holzentnahme geschädigte Flächen. "Wenn in Urwäldern durch Abholzung und illegale Suche nach Bodenschätzen Lichtungen entstehen und die Waldfläche fragmentiert wird, wächst der Saum mit trockenen und leicht entzündbaren Bäumen", sagt Paulo Barreto vom "Institut Imazon" in Belém.
Gerodeter Waldrand in der Region Alvorada (picture-alliance/dpa/AP/L. Correa)Gerodeter Waldrand in der Region Alvorada: Besonders anfällig für Waldbrände
In trockenen Jahren sei der Wald zudem gestresst und die Bäume müssten auf Überlebensstrategien umschalten: "Um den Wasserverbrauch zu mindern, werfen die Bäume ihre Blätter ab. Ohne den Schutz von gesunden Baumkronen erreicht mehr Sonne den Boden und das ohnehin trockene Unterholz. Unter diesen Umständen greifen die Feuer von Brandrodungen auf den Urwald über", sagt Barreto. Das trockene Laub, die erhöhte Temperatur und der fragmentierte Regenwald erhöhten die Brandgefahr.
Drastische Konsequenzen
"In trockenen Jahren kann die Waldsterblichkeit bis zu 90 Prozent der Bäume betreffen, vor allem am Rand der Wälder", heißt es in einer aktuellen IPAM-Studie. "Die Landschaft ändert sich radikal", erläutert IPAM-Experte Paulo Brando. "Wir sehen das Vordringen von Gräsern und einen großen Rückgang der Biodiversität."
Der Studie liegt ein Beobachtungszeitraum von neun Jahren zugrunde. "Wir haben eine anhaltende Degradierung festgestellt. Wir haben das Absterben von großen Bäumen beobachtet. Die Lebensspanne der Bäume wurde wesentlich verkürzt", berichtet Brando über die irreversiblen Schäden.
In Gebieten, in denen sich die Flora nach einem Feuer etwas erholt hat, zeigte die Untersuchung, dass der Amazonasregenwald mindestens sieben Jahre braucht, um wieder Wasser in die Atmosphäre abzugeben und Kohlenstoff absorbieren zu können. Untersuchungen in der Region zeigen auch, dass die Biodiversität nach einem Waldbrand stark beeinträchtigt ist. Selbst wenn ein Teil des Waldes sich erholt, kehrt die Vielfalt an Baumarten nicht unbedingt zurück.
Auch die klimatischen Bedingungen sind nicht mehr dieselben wie vor einigen Jahrzehnten. Die Amazonasregion ist bereits einen Grad wärmer als vor 60 Jahren und die Trockenzeit ist drei Wochen länger als vor 40 Jahren, so IPAM-Experte Brando. "Es ist kein linearer Prozess", beschreibt Brando die Auswirkungen der Waldbrände. "Und je mehr wir das Klima verändern, desto größer sind die Chancen, dass die Veränderungen heftig sind."
DW​​​

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