Donald Trump: Missachtung Deutschlands als Strategie
Die Distanz ist erkennbar: Kanzlerin Merkel und US-Präsident Trump bei der Gedenkveranstaltung zum D-Day, Juni 2019
Vom Beginn des Gipfels in Biarritz zeigt US-Präsident Trump sich auf Twitter angetan. "Wir haben sehr gute Treffen, die Anführer kommen sehr gut miteinander aus", schrieb er in dem Kurznachrichtendienst. Ein zweistündiges Mittagessen mit Macron nannte er "das beste Treffen, das wir bislang hatten". Frankreich und Macron hätten bislang einen großartigen Job bei dem "sehr wichtigen" Gipfel gemacht. Eine bilaterale Begegnung mit der deutschen Bundeskanzlerin am Rande des Gipfels war nicht geplant.
Nach dem Gipfel besucht Trump Ende August ein weiteres europäisches Land: Polen. Dort nimmt er an den Gedenkfeierlichkeiten zum Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren teil.
Deutschland hingegen steht nicht auf dem Reiseplan. Auch macht Trump wieder keinerlei Anstalten, um Bundeskanzlerin Merkel im Rahmen dieser oder einer späteren Reise zu treffen. Das passt ins Bild: In den über zwei Jahren seiner Amtszeit hat Trump Merkel in Deutschland nur einmal getroffen - beim G-20-Gipfel 2017 in Hamburg. Ihr Gast in Berlin war er hingegen nie.
Immerhin eine Gemeinsamkeit: die Raute. Donald Trump und Angela Merkel beim G-7-Treffen im japanischen Osaka, Juni 2019
USA und Deutschland: ein schwierig gewordenes Verhältnis
Dabei wäre die Gesprächsliste sehr lang. Auf ihr stünden gewichtige und vor allem konfliktreiche Themen - so etwa die Verteidigungsausgaben Deutschlands, die Haltung gegenüber dem Iran, die Gaspipeline Nord Stream 2 mit Russland. Deutschland und die USA haben zwar weiterhin viele Gemeinsamkeiten, in jüngster Zeit allerdings auch immer Differenzen.
Trump und Merkel haben nicht nur in politischer Hinsicht erhebliche Differenzen. Auch die persönliche Chemie zwischen beiden gilt als nicht sonderlich gut. Bei den Gedenkveranstaltungen zum D-Day in diesem Sommer bot Trump Merkel nicht einmal einen Händedruck an.
"Transaktionaler Führungsstil"
Die Abfuhr gegenüber Deutschland wie auch Trumps Absage einer geplanten Reise nach Dänemark im September wegen der Weigerung des Landes, Grönland zu verkaufen, seien typisch für Trumps "transaktionalen Führungsstil", sagt der USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
"Er versteht sich als Chef, formuliert klare Ziele und Forderungen und belohnt oder bestraft Untergebene mit Vor- oder Nachteilen, wenn sie seinen Anforderungen nicht gerecht werden", so Braml im Gespräch mit der DW.
Derzeit gute Freunde: der polnische Präsident Andrzej Duda (li.) zu Gast bei Donald Trump (re.)
Polens fragile Favoritenrolle
"Deshalb werden Deutschland und Dänemark mit Vernachlässigung bestraft. Polen hingegen konnte sich mit materiellen Zugeständnissen vorerst bei dem US-Präsidenten durchsetzen", fügte er hinzu.
Das hat Folgen: Während Berlins Einfluss auf Washington schwindet, hat Warschau seit dem Amtsantritt von Trump sein transatlantisches Profil deutlich verbessert.
"Polen hat einen größeren Einfluss als Deutschland. Ich würde Polen als den derzeit zweitwichtigsten Partner für die USA nach Großbritannien bezeichnen", sagt Nile Gardiner von der Washingtoner "Heritage Foundation" der ARD.
Indessen warnt Braml Polen und andere Länder, allzu sehr auf die neuen diplomatischen Beziehungen zu den USA zu setzen. "Trumps derzeitige Freunde in Osteuropa sollten sich nicht täuschen lassen. Früher oder später wird es für US-amerikanischen Geo-Strategen wichtig sein, die amerikanischen mit den russischen Interessen in Einklang zu bringen, um Chinas umfangreiche Aktivitäten einzudämmen", so Braml im DW-Gespräch.
Strategie: die Spaltung der EU
Die neue Sitte, wirtschaftlich starke europäische Länder zu vernachlässigen und stattdessen jene Länder mit Aufmerksamkeit zu bedenken, die ein besonders schwieriges Verhältnis zu Brüssel haben, könnte auf eine umfassende strategischen Intention zurückgehen - nämlich das Ansinnen, den Spalt innerhalb der Europäischen Union zu vertiefen.
Nichts wie weg: US-Botschafter R. Grenell verlässt einen Festakt für das diplomatische Korps in Schloss Meseberg, Juli 2018
"Trumps Reiseplan in Europa ist ein offensichtlicher Versuch, die EU zu spalten. Das hat seine Regierung bereits deutlich gemacht. Sie glauben an eine solche Politik, denn sie sind Gegner des Multilateralismus", sagt Jacob Kirkegaard, Senior Fellow am US-amerikanischen Peterson Institute for International Economics in einem Gespräch mit der ARD.
Wohl in diesem Sinn hat Trump auch den Brexit-Hardliner und neuen britischen Premierminister Boris Johnson wiederholt unterstützt. Zugleich drohte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, die USA könnten ihre Truppen aus Deutschland abziehen und stattdessen nach Polen verlegen.
"Trumps Regierung hat von Anfang an versucht, einen Keil zwischen die EU-Mitgliedstaaten zu treiben", sagt der transatlantische Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, im Gespräch mit der Südwestpresse. "Wir sollten das ernst nehmen."
DW
Vom Beginn des Gipfels in Biarritz zeigt US-Präsident Trump sich auf Twitter angetan. "Wir haben sehr gute Treffen, die Anführer kommen sehr gut miteinander aus", schrieb er in dem Kurznachrichtendienst. Ein zweistündiges Mittagessen mit Macron nannte er "das beste Treffen, das wir bislang hatten". Frankreich und Macron hätten bislang einen großartigen Job bei dem "sehr wichtigen" Gipfel gemacht. Eine bilaterale Begegnung mit der deutschen Bundeskanzlerin am Rande des Gipfels war nicht geplant.
Nach dem Gipfel besucht Trump Ende August ein weiteres europäisches Land: Polen. Dort nimmt er an den Gedenkfeierlichkeiten zum Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren teil.
Deutschland hingegen steht nicht auf dem Reiseplan. Auch macht Trump wieder keinerlei Anstalten, um Bundeskanzlerin Merkel im Rahmen dieser oder einer späteren Reise zu treffen. Das passt ins Bild: In den über zwei Jahren seiner Amtszeit hat Trump Merkel in Deutschland nur einmal getroffen - beim G-20-Gipfel 2017 in Hamburg. Ihr Gast in Berlin war er hingegen nie.
Immerhin eine Gemeinsamkeit: die Raute. Donald Trump und Angela Merkel beim G-7-Treffen im japanischen Osaka, Juni 2019
USA und Deutschland: ein schwierig gewordenes Verhältnis
Dabei wäre die Gesprächsliste sehr lang. Auf ihr stünden gewichtige und vor allem konfliktreiche Themen - so etwa die Verteidigungsausgaben Deutschlands, die Haltung gegenüber dem Iran, die Gaspipeline Nord Stream 2 mit Russland. Deutschland und die USA haben zwar weiterhin viele Gemeinsamkeiten, in jüngster Zeit allerdings auch immer Differenzen.
Trump und Merkel haben nicht nur in politischer Hinsicht erhebliche Differenzen. Auch die persönliche Chemie zwischen beiden gilt als nicht sonderlich gut. Bei den Gedenkveranstaltungen zum D-Day in diesem Sommer bot Trump Merkel nicht einmal einen Händedruck an.
"Transaktionaler Führungsstil"
Die Abfuhr gegenüber Deutschland wie auch Trumps Absage einer geplanten Reise nach Dänemark im September wegen der Weigerung des Landes, Grönland zu verkaufen, seien typisch für Trumps "transaktionalen Führungsstil", sagt der USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
"Er versteht sich als Chef, formuliert klare Ziele und Forderungen und belohnt oder bestraft Untergebene mit Vor- oder Nachteilen, wenn sie seinen Anforderungen nicht gerecht werden", so Braml im Gespräch mit der DW.
Derzeit gute Freunde: der polnische Präsident Andrzej Duda (li.) zu Gast bei Donald Trump (re.)
Polens fragile Favoritenrolle
"Deshalb werden Deutschland und Dänemark mit Vernachlässigung bestraft. Polen hingegen konnte sich mit materiellen Zugeständnissen vorerst bei dem US-Präsidenten durchsetzen", fügte er hinzu.
Das hat Folgen: Während Berlins Einfluss auf Washington schwindet, hat Warschau seit dem Amtsantritt von Trump sein transatlantisches Profil deutlich verbessert.
"Polen hat einen größeren Einfluss als Deutschland. Ich würde Polen als den derzeit zweitwichtigsten Partner für die USA nach Großbritannien bezeichnen", sagt Nile Gardiner von der Washingtoner "Heritage Foundation" der ARD.
Indessen warnt Braml Polen und andere Länder, allzu sehr auf die neuen diplomatischen Beziehungen zu den USA zu setzen. "Trumps derzeitige Freunde in Osteuropa sollten sich nicht täuschen lassen. Früher oder später wird es für US-amerikanischen Geo-Strategen wichtig sein, die amerikanischen mit den russischen Interessen in Einklang zu bringen, um Chinas umfangreiche Aktivitäten einzudämmen", so Braml im DW-Gespräch.
Strategie: die Spaltung der EU
Die neue Sitte, wirtschaftlich starke europäische Länder zu vernachlässigen und stattdessen jene Länder mit Aufmerksamkeit zu bedenken, die ein besonders schwieriges Verhältnis zu Brüssel haben, könnte auf eine umfassende strategischen Intention zurückgehen - nämlich das Ansinnen, den Spalt innerhalb der Europäischen Union zu vertiefen.
Nichts wie weg: US-Botschafter R. Grenell verlässt einen Festakt für das diplomatische Korps in Schloss Meseberg, Juli 2018
"Trumps Reiseplan in Europa ist ein offensichtlicher Versuch, die EU zu spalten. Das hat seine Regierung bereits deutlich gemacht. Sie glauben an eine solche Politik, denn sie sind Gegner des Multilateralismus", sagt Jacob Kirkegaard, Senior Fellow am US-amerikanischen Peterson Institute for International Economics in einem Gespräch mit der ARD.
Wohl in diesem Sinn hat Trump auch den Brexit-Hardliner und neuen britischen Premierminister Boris Johnson wiederholt unterstützt. Zugleich drohte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, die USA könnten ihre Truppen aus Deutschland abziehen und stattdessen nach Polen verlegen.
"Trumps Regierung hat von Anfang an versucht, einen Keil zwischen die EU-Mitgliedstaaten zu treiben", sagt der transatlantische Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, im Gespräch mit der Südwestpresse. "Wir sollten das ernst nehmen."
DW
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