Nordrhein-Westfalen rüstet im Kampf gegen Kinderpornografie im Netz auf

Nordrhein-Westfalen rüstet im Kampf gegen Kinderpornografie im Netz auf

Dafür betrete Nordrhein-Westfalen in einer Forschungskooperation mit Wissenschaft und Wirtschaft bundesweit technisches und juristisches Neuland, betonte Landesjustizminister Peter Biesenbach in Düsseldorf. In Zusammenarbeit mit dem Hard- und Softwareentwickler Microsoft, Cybercrime-Experten der Justiz und Wissenschaftlern sei es gelungen, Künstliche Intelligenz auf das Erkennen von Kinderpornografie zu trainieren.
Bislang sei der Anteil manueller Auswertearbeit sehr hoch, so Biesenbach. Ohne Künstliche Intelligenz (KI) sei es den Ermittlern nicht möglich, die bereits gesicherten zweitausend Terabyte Kinderpornografie vollständig auszuwerten. Der Kampf gegen Kinderpornografie werde heute fast ausschließlich digital geführt. Biesenbach: "In der digitalen Welt kann kein Akteur allein erfolgreich sein." Interdisziplinäre Allianzen seien die Zukunft neuer Handlungsoptionen der Strafverfolger. 
Derzeit sähen sich Staatsanwälte im Bereich Kinderpornografie mit überbordenden Datenmassen konfrontiert, bemängelte der CDU-Politiker. Viele Ermittlungsverfahren blieben zu lange offen, weil zu viele Daten und Beweismittel geprüft werden müssten. Dies führe teilweise dazu, dass Missbrauch unentdeckt andauere und schon Säuglingen und Kleinstkindern unermessliches Leid angetan werde.
Große rechtliche Einschränkungen bei Umgang mit Daten 
Der Umgang mit kinderpornografischem Datenmaterial unterliege sehr weitgehenden rechtlichen Einschränkungen, erläuterte Biesenbach weiter. "Die Anwendung von Techniken künstlicher Intelligenz auf Basis von Cloud Computing und neuronalen Netzen war daher bislang unmöglich." In dem interdisziplinären Projekt sei es nun aber gelungen, über eine IT-Infrastruktur einen Lösungsweg zu entwickeln.
Der Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW), Markus Hartmann, und Landesjustizminister Peter Biesenbach (Foto: picture-alliance/dpa/M. Kusch)
Der Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW), Hartmann, und Landesjustizminister Biesenbach
Klagen der Fahnder über das praktisch nicht in den Griff zu bekommende Ausmaß an Ermittlungsarbeit im Bereich Kinderpornografie hatten im April 2017 die Zentralstelle Cybercrime (ZAC NRW) auf den Plan gerufen. Das bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelte Kompetenzzentrum ist nach Angaben der Landesregierung die bundesweit größte Cybercrime-Einheit der Justiz. Sie wird von Oberstaatsanwalt Markus Hartmann geleitet. 
Behörden werden der riesigen Datenmengen nicht Herr
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (ebenfalls CDU) hatte erst kürzlich die Dramatik des ungleichen Kräftemessens zwischen Pädo-Kriminellen im Netz und den unzureichenden Ressourcen der Fahnder anhand ernüchternder Zahlen unterlegt. Demnach waren von rund 1900 Verfahren, die Mitte Juni in Nordrhein-Westfalen wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie anhängig waren, nur zwölf Prozent in der Auswertung. Allein 557 Durchsuchungsbeschlüsse warteten auf Vollstreckung. "Die Behörden schaffen es nicht, der riesigen Datenmengen Herr zu werden", klagte der Innenminister.
Nach Angaben der Stabsstelle des Landes gegen Kinderpornografie kann ein Sachbearbeiter im Durchschnitt 500 Bilder in einer Stunde anschauen. Bei dem Kriminalitätskomplex gehe es aber um die unvorstellbare Menge von drei Petabyte. Mitte Juni hatte die über 40.000 Köpfe zählende Polizei in Nordrhein-Westfalen nach Angaben des Innenministers für den Deliktbereich nur 104 Expertenstellen. Alle 47 Kreispolizeibehörden müssen allerdings umplanen und ihr Personal für diese Aufgabe mindestens verdoppeln. Bis Ende 2020 sollen alle Polizeibehörden technisch in der Lage sein, ihre Daten zum Auswerten und Filtern an das Landeskriminalamt zu überspielen.
DW

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