„Man kann nichts erreichen, wenn man alles negativ sieht“

„Man kann nichts erreichen, wenn man alles negativ sieht“

In ihrer Regierungserklärung adressierte Angela Merkel die Sorgen und Nöte der Bürger, verwies aber darauf, dass die Situation mit der britischen Mutation nun eine ganz andere sei. Sie warnte: „Es werden die 50-, 60- und 70-Jährigen in den Krankenhäusern liegen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Verständnis für die Sorgen der Bürger geäußert. „Viele Menschen fragen sich, war das alles umsonst, geht das jetzt immer so weiter?“, sagte sie in ihrer Regierungserklärung am Donnerstag in Berlin. „Die Antwort kann ich geben: Nein, die Situation ist eine ganz andere als im letzten Jahr.“
Durch das Auftreten der britischen Mutation „leben wir im Grunde in einer neuen Pandemie“, sagte sie. Mit der alten Virusvariante würde der Inzidenzwert deutlich unter 50 liegen. Die Älteren seien nun geimpft, trotzdem müsse auf die Intensivstationen geschaut werden. „Wenn bei der Frage, wie wir jetzt vorgehen, der Osterlockdown einzig und allein eine wirklich positive Resonanz bei den Intensivmedizinern gefunden hat, dann sehen Sie, wie groß dort die Sorge ist“, sagte sie. „Es werden die 50-, 60- und 70-Jährigen in den Krankenhäusern liegen“, sagte sie. Und dies seien Menschen mit noch vielen Jahren Lebenserwartung. Zehn Prozent von ihnen würden laut Experteneinschätzung Corona-Langzeitfolgen davontragen.
„Das heißt, es lohnt sich, um jeden zu kämpfen, dass er die Infektion nicht bekommt“, sagte Merkel. „Und das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Mit möglichst viel Freiheit für jeden, mit möglichst viel Normalität für jeden. Aber auch mit möglichst viel Rücksicht darauf, dass nicht Tausende von Menschen noch sterben müssen.“

Merkel verteidigte die zuletzt gefassten Beschlüsse. Es sei von Bund und Ländern ein Öffnungskonzept beschlossen worden, das ein hohes Maß an Regionalisierung erlaube. „Es wäre falsch, alle mit einem Maßstab zu belegen“, so Merkel. Der Schlüssel zur Pandemiebekämpfung seien viele Tests. Man habe flächendeckend Testzentren aufgebaut. „Testen ist die Brücke, bis wir die Impfwirkung sehen“, sagte sie. Für die Tests in Schulen und Kitas seien allerdings die Länder verantwortlich, das könne der Bund nicht aus Berlin leisten. „Solange die Infektionszahlen noch niedrig sind, kurz über 100, kann man sie mit dem Testen noch im Griff behalten, sonst nicht mehr.“

„Es geht in der Pandemie auch um das Tempo“

„Die Fallzahlen steigen europaweit rapide an. Ich ermuntere alle, sich das anzuschauen. Es ist kein spezielles deutsches Phänomen“, sagte sie. Mehr als eine halbe Million Menschen hätten insgesamt in der Europäischen Union ihr Leben verloren. Sie verteidigte den europäischen Weg bei der Pandemiebekämpfung gegen Kritik – ausdrücklich auch bei der Impfstoffbeschaffung. „Es war richtig, auf die gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen durch die Europäische Union zu setzen.“
Wenn man sehe, dass selbst bei kleinen Unterschieden in der Verteilung große Diskussionen ausbrechen, wolle sie sich nicht vorstellen, was wäre, wenn einzelne EU-Staaten Impfstoff hätten und andere nicht. Sie gab jedoch Fehler in der Organisation zu. „Wir müssen schonungslos analysieren, wo wir uns verbessern müssen“, sagte sie. Die EU dürfe in der Krise nicht erstarren. Auch Deutschland habe Schwächen in der Organisation und diese erkannt. „Die Monate der Pandemie haben gravierende Schwachstellen in unserer Organisation offengelegt“, sagte sie.
„Es geht in der Pandemie auch um das Tempo.“ Merkel sprach sich dafür aus, mehr Impfstoff auf europäischem Boden zu produzieren. „Das Problem ist nicht die Impfstoffbeschaffung, sondern die Produktion“, sagte sie.
Merkel beendete ihre Regierungserklärung mit einem Aufruf: „Man kann nichts erreichen, wenn man alles negativ sieht.“ Deshalb gehe es jetzt darum, positiv nach vorne zu schauen. Die EU-Staats- und -Regierungschefs wollen am Donnerstag über Wege beraten, die Impfkampagne gegen das Coronavirus zu beschleunigen.

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